Freitag, 12. November 2010

Im Outback — Teil 6: Stock Routes & Droving

Teil 5

Wer den Film "Australia" gesehen hat, kennt auch den Drover — das ist der australische Cowboy, der unablässig eine Herde von Pferden ums Haus treibt, was zwar tolle Bilder abgibt, aber etwa so unsinnig ist, wie eine Gruppe Kühe im Stall herumzuscheuchen. (Trotzdem, wer den Film noch nicht gesehen hat, dem ist er zu empfehlen, weil er einen guten Eindruck vom Outback und dem Leben dort vermittelt; die Story ist eher dünn).
Was also den Amerikanern ihr Cowboy und den Argentiniern ihr Gaucho, ist den Australiern der Drover. Es wird eine gute Portion Mythos und Romantik damit verbunden, obwohl es harte, karge, staubige und einsame Arbeit war, vor allem Kühe quer durchs Outback zu treiben. Den Beruf gibt es so heute nicht mehr, und die Letzten, die ihn noch ausübten, bestätigen, dass die 16. Stunde im Sattel bei nasskaltem Wetter oder im Staub meist keinen Spass mehr machte.

(Bild OUTBACK Magazine, Oct/Nov 2010)

In seinem kürzlich erschienen Buch, "The Drovers – Stories behind the heroes of our stock routes", beleuchtet der australische Historiker Evan McHugh die Geschichte der Viehzucht in Australien und des Viehtreibens über lange Distanzen (droving).
Droving ist ein wichtiger Teil der Besiedlungsgeschichte Australiens, welche von der Küste (Sydney, Melbourne, Brisbane, Adelaide, Perth) her gegen das Landesinnere erfolgte. Unter anderem der Goldrausch ab 1850 in grossen Teilen von Victoria, aber auch in Western Australia und anderen Teilen Australiens, führte zu einer enormen Immigrationswelle, und eine immer grösser werdende Menge von Mäulern wollte gefüttert werden. Die besten Viehzuchtgebiete befinden sich in einem Bogen, der sich von Nordwesten her ums Lake-Eyre-Becken zieht (in nächsten Bild grün markiert), während die Märkte im Süden und Osten des Landes waren (dunkelrot).

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Was zuerst nur einzelnen "wilden" Drovers gelang (z.B. Harry Redford, der 1870 in Queensland eine Herde ungebrannter Rinder stahl und sie durch die Strzelecki-Wüste nach Adelaide trieb und dort verkaufte), wurde bald zur etablierten Praxis und zu einem lukrativen Geschäft. Ein Drover (= Boss) wurde jeweils von mehreren stockmen, von einem Koch, von Pferdejungen, von ochsengezogenen Wagen und zusätzlichen Pferden begleitet (drei Pferde pro Reiter). Bald wurden Stations in grösserer Zahl in den guten Weidegebieten gegründet und Wege durchs Outback gefunden, auf denen Herden von 200 bis 2000 Rinder getrieben werden konnten, die sogn. stock routes (stock = Vieh). Die bekanntesten dieser Routen sind der Birdsville Track, der Strzelecki Track, die Canning Stock Route und der Muranji Track. Die meisten Routen führten zum nördlichen Ende einer Bahnlinie, über welche die Rinder dann in die Städte und Hafen gefahren wurden (z.B. Wiluna oder Marree, siehe Karte)

Da Rinder aber nicht mehr als zwei Tage ohne Wasser laufen — oft verendeten ganze Herden unterwegs—, konnten sie anfänglich nur nach Überschwemmungen getrieben werden, indem Routen von Wasserloch zu Wasserloch gefunden wurden. Um den Handel zu fördern, begannen die Regierungen der verschiedenen Staaten gegen Ende 19. Jahrhunderts, Bores entlang der Routen zu finanzieren. Nur so wurde es möglich, dass mehr als nur alle paar Jahre ein mob Rinder die Reise antreten konnte. Mit den Bores wurden auch neue Stations im Landesinnern gegründet, wie z.B. die Arckaringa Station.

Einer, der dieses Geschäft besonders gut und erfolgreich betrieb, war der Cattle King Sydney Kidman.
Er gründete und kaufte strategisch geschickt 90 Stations (mit total 340'000 km2, zum Vergleich: CH 41'000 km2), sodass er seine Rinder je nach Verfügbarkeit von Wasser zwischen seinen Stations verschieben konnte, ohne anderen Station-Besitzern eine grazing fee (Gebühr) entrichten zu müssen.

Das Droving wurde in den 1960er-Jahren fast auf einen Schlag obsolet, weil die Strassen zahlreicher und besser wurden, und von nun an Road Trains die Rinder billiger, schneller und zuverlässiger transportierten. Über die ehemaligen Stock Routes werden heute 4x4-Fahrzeuge getrieben — in grösserer Zahl als je Rinder durchtrotteten.

(Bild OUTBACK Magazine, Oct/Nov 2010)

Heute werden die meisten Rinder nach Wyndham, Rockhampton und Townsville in die meat works (Fleischfabrik; auf der Karte blau markiert) gefahren und verschifft, oder direkt in die Städte, wo nach wie vor grosser Fleischbedarf vorhanden ist.

Droving war vor allem ein Männerjob (der berühmteste dürfte Nat Buchanan gewesen sein, der 1881 über sechs Monate 14'000 Rinder von Queensland ins Northern Territory trieb), aber es gab auch berühmte Droverinnen, wie z.B. Edna Zigenbine (Bildmitte).


Und wer nun immer noch am Outback interessiert ist, darf sich die Bilder von unserem Streifzug im September zu Gemüte führen (Slideshow starten!). Den Birdsville Track konnten wir nicht wie geplant befahren, dafür aber den Strzelecki Track und den Ooodnadatta Track.

1 Kommentar:

  1. Sind ja echt tolle Fotos dabei. Besonders über das Hintergrundbild ganz oben musste ich schallend lachen, echt süß mit dem Känguruh! Mensch, ich beneide dich, wie gerne wäre ich auch mal in Australien. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

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